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In der Arbeit werden die Grundlagen von Textgliederung und Versbildung in altägyptischen Texten untersucht. Für den heutigen Bearbeiter ist die Formanalyse ägyptischer Texte nach wie vor ein schwieriges Unterfangen, da diese in den meisten Fällen ohne äußere Gliederungsmerkmale (Satzzeichen, Absätze etc.) in scriptio continua abgefasst sind und sich daher meist nur aufgrund der inhaltlichen Struktur gliedern lassen. Allenfalls sind größere Abschnitte und Kapitel vom ägyptischen Schreiber durch sog. Rubra kenntlich gemacht worden, Überschriften u.ä., die sich durch rote Schrift vom übrigen, meist mit schwarzer Tinte geschriebenen Fließtext abheben.
Es gibt aber auch eine ganze Reihe von Texten, die eine zusätzliche Gliederung durch sog. Verspunkte erfahren haben. Diese sind in der Regel mit roter Tinte über die geschriebene Textzeile gesetzt worden und markieren bestimmte Texteinheiten, die gewöhnlich als Verse bezeichnet werden. Mit Hilfe der Verspunkte als eindeutige, vom ägyptischen Schreiber vorgegebene Gliederungsmerkmale hat der Autor bei einer Reihe von Texten versucht, nicht nur die äußere Gestalt und Formung der Texte nachzuvollziehen und sichtbar zu machen, sondern vor allem die Art der Abtrennung von Versen im Einzelnen zu untersuchen und damit die Grundlagen für die Versbildung bzw. die Regeln für die Abtrennung von Versen offenzulegen.
Bei den untersuchten Texten handelt es sich um die 48 punktierten Texte der Late-Egyptian Miscellanies, Schülerhandschriften, die aus dem Lehrbetrieb der Ramessidenzeit (13./12. Jh. v. Chr.) stammen und auf mehreren Papyrusrollen überliefert sind. Sie zeichnen sich durch eine starke Homogenität aus und beinhalten Beispiele aus allen Textgattungen, die ein ägyptischer Schreiber beherrschen mußte: Götterhymnen, Gebete, Königseulogien, aber auch administrative Texte wie Anweisungen, Berichte, \Warenlisten etc. Die Punktierung ist hier eindeutig aus didaktischen Gründen erfolgt, was erwarten läßt, daß allgemeingültige Phänomene behandelt worden sind und sich damit weitreichende Aussagen treffen lassen.
Es zeigt sich, daß Verse als relative Sinneinheiten auf drei verschiedenen Ebenen gebildet werden, die sich dem Satzakzent unterordnen: Kolon, Kolongruppe und Satz. jede dieser Sinneinheiten kann einen eigenen Vers bilden, entscheidend ist dabei die Art ihrer Einbindung in eine bestimmte syntaktische Konstruktion. Dafür werden 47 Regeln zur Versbildung bzw. -abtrennung vorgelegt, die alle auftretenden grammatischen Konstruktionen behandeln und es ermöglichen, einen ägyptischen Text aufgrund seiner inhaltlichen und grammatischen Analyse zu gliedern. Wichtiges Hilfsmittel ist dabei die sog. ägyptische Metrik, die bisher in der Ägyptologie eine ambivalente Rolle spielt, hier ihre grundlegende Rolle aber eindeutig offenbart.
Die Texte liegen alle mit vollständiger Transkription und neuer Übersetzung sowie ausführlichem philologischen Kommentar vor. Untersucht werden außerdem die äußere Form bzw. Gestaltung der Texte sowie die Art der Punktierung der einzelnen Handschriften.
In einem Exkurs werden einige Beobachtungen zur Kolonbildung vorgestellt, die die bisherigen Forschungen zur ägyptischen Metrik ergänzen. Im Angang finden sich statistische Auswertungen der Texte, sowie Indices zu behandelten ägyptischen und koptischen Wörtern und zitierten ägyptischen Quellentexten. Den Abschluß bilden eine vollständige Bibliographie und eine Liste der benutzten Abkürzungen.