Band 16: Mit dem Auge sehen

Artikel-Nr.: ISBN 978-3-927552-29-6

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Die altägyptischen Toten- und Kulttexte liefern für die Semantik des ägyptischen Königtums reichhaltige und bisher oft noch ungenutzte Informationen. Die Erschließung der Semantik muß aber einhergehen mit der Erschließung zentraler Züge der Konzeption dieser Texte. Beide Problemstellungen bedingen sich -gegenseitig und werden daher auch in dieser Arbeit berücksichtigt. Zugrunde liegen ihr die Pyramidentexte, die Sargtexte, das' Totenbuch und die Kultbildrituale des Neuen Reichs sowie verschiedene andere Quellen.
Der Begriff „Herrschaft“, der in dieser Untersuchung verwendet wird, geht auf den ägyptischen Begriff ḥq zurück. Er steht im Kontext mit Begriffen wie nb – „Herr“ und vor allem mit dem Machtbegriff „Sechem“. Sechem steht im Mittelpunkt der Einzeluntersuchungen steht und wird eingehend definiert. Die typische „Erfahrbarkeit“ dieser Macht liegt in dem jtj – „Ergreifen“. Dazu lassen sich zwei Kontexte oder Kategorien der Herrschaft und der Machtausübung unterscheiden: das Ergreifen von Feinden einerseits und das Ergreifen von Untertanen und von Herrschaftsgebieten andererseits. Der Besitz bzw. der Nichtbesitz von Sechem hat bestimmte Auswirkungen für den Sechem-Besitzer und für die von dem Ergreifen betroffenen Personen und Objekte. Im Fall der Feinde ist es das Bewahrtsein bzw. das Nichtbewahrtsein vor ihnen, im Fall der anderen Personen ist es das Verfügen bzw. Nichtverfügen über diese Personen. Für die Herrschaftsgebiete zeichnet sich ein weiteres, Phänomen ab. Sie subsumieren sich unter die sie verkörpernden Räumlichkeiten. Sechem erweist sich hier auch in dem Ergreifen dieser Räumlichkeiten, in der Umschließung durch diese Räume, bzw. in der Ausschließung aus diesen Räumen. Diese Definition von Sechem läßt sich auch in anderen Textwelten nachweisen und erlaubt ein differenzierteres Verständnis dieses Machtbegriffes gegenüber anderen Machtbegriffen, und zwar außerhalb der gängigen ägyptologischen Kategorien wie „göttlich“, „magisch“ etc. Für die beiden Kontexte von Sechem lassen sich zwei typische Königssymbole festmachen, für Sechem über Feinde die weiße Krone, für Sechem über Regionen und Personen das Haus, die Stadt bzw. der Palast. Die Toten- und Kulttexte führen hierzu immer wieder die gleichen Themen und Motive an, die eingehend untersucht werden: die Rechtfertigung gegen Feinde mit der Zusprechung der weißen Krone und des Feindes, die Caniden mit der Wegeöffnung, die Zusprechung der Regionen und Personen, der Umlauf und der abschließende Haus-, Stadt- bzw. Palasteintritt.
Als die zentralen Grundzüge der Textkonzeption lassen sich die Analogisierung der Themen und Motive verschiedener semantischer Welten und das Kausalverhältnis »zwischen Kulthandlung und Kultbewirkung bestimmen. Beide werden anhand zahlreicher Beispiele verdeutlicht.
Der Schlußteil widmet sich der Verwendung des Begriffes „Auge“ u. a. als „Horusauge“ in diesen Texten. Der Ursprung und die Entwicklung dieses Motivs werden nicht wie bisher in Mythen gesucht, sondern von der spezifischen Konzeption der Toten- und Kulttexte hergeleitet. Als das ursprüngliche Thema des Motivs „Auge“ läßt sich das „Sehen mit dem Auge (m33 m jrt)“ wahrscheinlich machen, das im kultischen Kontext der Anbringung von Augenschminke bzw. Salben in den Pyramidentexten steht.

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