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Das „Lesebuch Fukushima“ ist interdisziplinär und facettenreich. Es umfasst über zwanzig Beiträge, die zum größten Teil von den Absolventen der BA- und MA-Studiengänge der Universitäten Frankfurt und Leipzig verfasst wurden. Sie gehen auf das Engagement der jungen Japanwissenschaftler zurück, die sich im Rahmen des Internetprojekts „Textinitiative Fukushima“ über ein Jahr lang mit japanischen Quellen auseinandergesetzt haben. Das intensive Textstudium brachte eine Reihe von Übersetzungen wichtiger Zeitzeugendokumente hervor, die hier nun in diesem Buch erscheinen und einem interessierten Lesepublikum vorgestellt werden können. Außerdem beinhaltet das „Lesebuch“ Interviews mit Aktivisten und Künstlern sowie Reportagen und Analysen zur Debatte um die Folgen der Erdbebenkatastrophe und um das „System Japan“, das, so fordern etliche Stimmen, einer Überprüfung unterzogen werden muss. Unterteilt sind die Beiträge in vier Kapitel. Der erste Abschnitt widmet sich der Einführung der Atomenergie in Japan und beleuchtet dabei zeitgeschichtliche Prämissen ebenso wie die Arbeitsverhältnisse in den Kraftwerken. Kapitel zwei betrachtet Repräsentationen des Themas „Fukushima“ in Literatur, Film, im Theater und im Medium der Photographie. Mit einer vielfach registrierten Medienmanipulation und mit den Möglichkeiten medialer Aufklärung befasst sich das dritte Kapitel, während der letzte Teil einem offenbar gestiegenen Wunsch nach politischer Partizipation nachgeht und Demonstrationen und andere Protestaktionen vorstellt.
Detaillierte Einblicke bietet der Band unter anderem in die Argumentationen von Vertretern eines kritischen Journalismus sowie in die Medienstrategien der japanischen Atom-Lobby und die Haltung japanischer Bürger gegenüber der Atomenergie. Politikwissenschaftliche Erkundungen geben Momentaufnahmen eines „Post-Fukushima-Nationalismus“ wieder, während auf philosophisch-ideengeschichtlicher Basis die Rolle von Intellektuellen als Stichwortgeber für Fragen nach der ideologischen Orientierung Japans und seiner demokratischen Entwicklung beleuchtet wird. Zudem erfährt man in kultur- und literaturwissenschaftlichen Analysen von künstlerischen Exkursionen ins Krisengebiet, von erzählerischen Erschließungen des Lebens in den Notunterkünften im Nordosten und den Beweggründen freiwilliger Katastrophenhelfer sowie von fiktionalen Überlegungen der Autorin Tawada Yôko, die in ihrer Geschichte von der „Insel der Unsterblichkeit“ (Fushi no shima) die düstere Zukunft eines Japan zeigt, das aus dem 11. März 2011 nicht gelernt hat und sich als verstrahltes Gebiet von der Welt isoliert.
Das „Lesebuch“ möchte mit seinen Übertragungen und Kommentaren zur aktuellen japanischen Lage einer intellektuellen Isolierung des Landes entgegenwirken. Es richtet sich an Leser, die sich näher mit innerjapanischen Akteuren, Ansichten und Debatten vertraut machen wollen.
The “Fukushima Reader” is comprised of twenty essays which originated through the examination of Japanese sources within the framework of the internet project Textinitiative Fukushima. The textual study produced a series of translations of important contemporary documents which can now be presented in this book. Additionally, the “Reader” includes interviews with activists and artists as well as reports and analyses related to the debate surrounding the aftermath of the catastrophic earthquake and to the “System Japan” which, as called for by numerous voices, must be subject to review. The essays are divided into four chapters. The first section is dedicated to the introduction of nuclear energy in Japan and highlights the contemporary preconditions as well as the working conditions in the nuclear power plants. Chapter two considers representations of the topic “Fukushima” in literature, film, theatre and the medium of photography. The third chapter addresses the multiple instances of media manipulation and the potential of enlightenment through the media, while the final section looks into the apparently increased wish for political participation and presents demonstrations and other forms of protest.
The volume offers detailed insights into the arguments of representatives of critical journalism, the media strategies of the Japanese nuclear energy lobby and the attitude of Japanese citizens in relation to nuclear energy. Investigations undertaken from the perspective of political science provide insights of a “post-Fukushima nationalism”, while an approach based on philosophy and the history of ideas highlights the role of intellectuals in paving the way on issues of Japan’s ideological orientation and its democratic development. Furthermore, analyses from the field of cultural and literary studies offer information about artistic excursions into the crisis zone, give narrative access to the lives of those in emergency accommodation in the northeast and to the motives of those who volunteered in the catastrophe area as well as presenting fictional considerations regarding Japan’s future.
The “Reader” will be published by EB-Verlag, Berlin on the 17th of July and is aimed at readers who wish to familiarise themselves with Japanese views and debates.
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