249 Seiten, kart.,
17,0 x 24,0 cm, 2024
Leseprobe
„Die lange Nacht der Seelsorge“ – ein eigenartiger Titel für dieses Buch. Es gibt eine lebensgeschichtliche und eine praktisch-theologische Begründung. Im November 2016 habe ich zum Abschluss einer praktisch-theologischen Vorlesung alles auf eine Karte gesetzt und einen ganzen Tag und eine halbe Nacht lang „meine“ Seelsorgelehre gelesen. Von 9 Uhr morgens bis 4 Uhr am nächsten Morgen. Natürlich nicht allein. Der Text ist von mir. Aber wir haben zu viert gelesen. Meine Mitarbeiter Simon Luthe (damals: Simon Eckhardt), Julian Sengelmann, Christian Gründer und ich. Es waren kontinuierlich etwa vierzig Studierende dabei. Meine Hochachtung!
Es gibt eine zweite, aktuelle und bleibende Begründung für den Buchtitel. Ich werde von der Sorge getrieben, dass die evangelischen Großkirchen – vor lauter Sorge um Mitgliederschwund und vor allem dahinschwindende Finanzen – „Rettungsmodelle“ entwickelt, die sich nach und nach als Holzwege herausstellen könnten. Es geht dabei immer um „Profilbildung“. Ich bestreite nicht, dass die Lage der Kirchen dramatisch ist und dass es Sinn macht, gründlich konzeptionell über die Frage nachzudenken: Welches ist das Gesicht der evangelischen Kirche? Wie soll die Kirche ihre Arbeit in den nächsten Jahren aufstellen, organisieren, und was ist für das Kirche Sein von Kirche entbehrlich? Mich treibt die Sorge um, dass eine wesentliche Dimension von Kirche in den kommenden Krisenbewältigungsunternehmungen unter die Räder gerät. Vielleicht nicht nur eine, sondern die wesentliche Dimension. Nämlich: Die Kirche ist Seelsorgebewegung.
Zum Autor:
Hans-Martin Gutmann ist Professor für Praktische
Theologie und Universitätsprediger in Hamburg